Kopf des Tages Jacqueline Kennedy Onassis
Nach dem Mord stand sie beim Eid neben Kennedys Nachfolger
Zeit ihres Lebens stand Jacqueline Kennedy für Klasse. Dabei war das Attentat auf ihren Mann im November 1963 bei Weitem nicht der einzige Schicksalsschlag, den sie verkraften musste. Unbeirrbar blieb sie trotzdem.
| Lesedauer: 4 Minuten
Von Philip Cassier
Textchef ICON / Welt am Sonntag
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An Geld hat es in diesem Leben schon bald nicht mehr gemangelt, an der Nähe zur Macht auch nicht, vermutlich – und das ist äußerst selten – mangelte es nicht einmal an Klasse. Speziell dies hat dazu geführt, dass sich viele Menschen bis heute von Jacqueline Bouvier Kennedy Onassis (1929–1994) inspiriert fühlen. Und vermutlich befeuern dies gerade die vielen Schicksalsschläge, die sie erleiden musste.
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„Jackie“, wie sie öffentlich hieß, kam am 28. Juli 1929 zur Welt. Sie war ein Scheidungskind aus Long Island, das als Studentin französischer Literatur das schönste Jahr ihres Lebens in Paris haben sollte, also bevor es mit dem Ruhm so richtig losging. Nach ihrem Abschluss arbeitete sie als Journalistin beim „Washington Times Herald“, damals eine große Zeitung, vor allem interviewte sie Bürger auf der Straße zu politischen Themen.
Das war um 1950 keine Selbstverständlichkeit – sie stellte also schon etwas dar, als sie 1951 den aufstrebenden Politiker John Fitzgerald Kennedy kennenlernte. Ihn auf dem Weg ins Weiße Haus zu begleiten, wo er 1960 einzog, hatte seine Tücken: Die Interessen der Familie des Mannes an ihrer Seite galten eher dem Sport als der französischen Literatur. Zudem erlitt Jackie 1956 eine Totgeburt, auch ihr viertes Kind starb 1963 nur zwei Tage nach einer Frühgeburt.
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Trotzdem gelang es dem Paar, zum Sinnbild einer neuen Zeit zu werden. Johns vitale Ausstrahlung gepaart mit Jackies Sinn für Stil und Kultur, der sie genauso zur bestgekleideten Frau der Welt werden wie 49 Nobelpreisträger ihrer Einladung ins Weiße Haus folgen ließ, waren eine unschlagbar moderne Kombination.
Am besten wurde das im Mai 1963 bei einem Besuch bei Frankreichs Präsident Charles de Gaulle sichtbar, als Jackie das ganze Land mit ihrem Französisch und ihrem Esprit für die USA als Kulturnation einnahm; wohl keiner Amerikanerin ist das seitdem in diesem Maß gelungen. Ihr Mann sagte hinterher: „Ich bin der Mann, der Jacqueline Kennedy nach Paris begleitete. Und ich habe es genossen.“
Doch hatte „Jack“ da schon unzählige Affären – im gleichen Monat sang Norma Jean Baker alias Marilyn Monroe dem Präsidenten zum Geburtstag ein Ständchen, das an Deutlichkeit keine Wünsche offenließ. Es muss ein grausamer Moment für die First Lady gewesen sein.
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Bekanntlich endete die Ehe am 22. November 1963 in Dallas mit den tödlichen Schüssen des Ex-Marines Lee Harvey Oswald. Das Blut ihres Mannes befleckte Jacqueline Kennedys Kleid im Fond des offenen Wagens, in dem der Präsident auf Wahlkampftour war. Noch am selben Tag stand sie neben Lyndon B. Johnson, als er als Nachfolger John F. Kennedys den Amtseid schwor.
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Nicht besser machte es, dass im Anschluss an die Trauerfeier Verschwörungstheoretiker die abstrusesten Spinnereien an das Ereignis knüpften. Und trotz allem, was der Attentäter ihr angetan hatte, schrieb die Witwe in einem Brief Ende 1963: „Ich hätte lieber mein eigenes Leben verloren als Jack.“
Jacqueline Kennedy heiratete 1968 zum zweiten Mal. Der griechische Reeder Aristoteles Onassis hatte jede Menge Geld und war 23 Jahre älter als sie. Die Bekannten aus der Kulturelite nahmen ihr das übel. Das Paar sah sich kaum, Onassis wurde bald oft mit der Operndiva Maria Callas gesehen. Kurz vor seinem Tod 1975 ließ er die Scheidung vorbereiten.
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Jackie lebte noch 19 Jahre. Aufsehen erregte sie noch einmal, als sie Ende der 80er-Jahre gegen die Bebauung eines Viertels mit Wolkenkratzern in Manhattan zu Felde zog, an ihrer Seite war nun der Geschäftsmann Maurice Tempelsman. 1994 diagnostizierten Ärzte bei ihr Lymphknotenkrebs, es gab keine Heilung. Die Unbeirrbarkeit, die Jacqueline Kennedy Onassis in der Öffentlichkeit ausstrahlte, konnte auch diese Krankheit nicht zerstören. Ihr Leben wird ihr niemand neiden. Von ihrer Wirkung auf andere Menschen kann man nur lernen.
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